6.5 Sicherungseinrichtungen in Luftfahrzeugen
6.5.1 Grund für den Einbau von Sicherungen
Fließt ein Strom durch einen Leiter, dann wird der Leiter erwärmt. Die Ursache ist der Zusammenstoß der Elektronen mit den Atomen im Kristallgitter. Steigt die Stromstärke zu stark an, dann kann die Erwärmung zu einem Schmelzen der Leiterisolation führen. In der Folge können Menschen durch einen Brand oder durch einen elektrischen Schlag gefährdet werden.
Für den Anstieg der Stromstärke können zwei Gründe verantwortlich sein:
Überlastung durch zu viele Verbraucher
Kurzschluss durch einen Defekt
Um ein Schmelzen der Leiterisolation zu verhindern, wird in den Stromkreis eine Sicherung eingebaut. Übersteigt die Stromstärke einen bestimmten Grenzwert, der als Abschaltstrom bezeichnet wird, dann unterbricht die Sicherung den Stromfluss und die Leitung ist geschützt.
Es werden folgende grundsätzliche Bauformen von Sicherungen unterschieden:
Schmelzsicherungen
Leitungsschutzschalter
Fließt in einem Leiter wegen einer Überlastung oder einem Defekt ein zu hoher Strom, dann
wird der Leiter stark erwärmt und kann schmelzen. Um dies zu verhindern, wird in den
Stromkreis eine Sicherung eingebaut.
Wichtig: Sicherungen dürfen niemals geflickt oder überbrückt werden, da der Schutz der
Leitung aufgehoben wird. Ist eine geflickte oder überbrückte Sicherung die Ursache in
einem Brandfall, verweigert die Versicherung die Zahlung.
Sicherungen dienen dem Schutz des Leiters, nicht dem des Geräts.
6.5.2 Schmelzsicherungen in Luftfahrzeugen
6.5.2.1 Funktionsprinzip einer Schmelzsicherung
Wird die Sicherung in Form einer Schmelzsicherung ausgeführt, dann enthält diese einen Leiter mit kleinem Querschnitt, der bei einem gewissen Grenzwert des Stromes (Abschaltstrom) durchschmilzt und den Stromkreis unterbricht. Dadurch wird die Zerstörung der Leitung verhindert.
Die Schmelzsicherung funktioniert aufgrund der unterschiedlichen Stromdichten in der Sicherung und der Leitung.
Im Querschnitt des Leiters Aql ist die Stromdichte sehr viel geringer als im Querschnitt der Sicherung Aqs. Im Bereich der Sicherung müssen daher die Elektronen viel schneller fließen und stoßen daher öfter und heftiger mit den Atomen zusammen. Dadurch erwärmt sich auch der Leiter in der Sicherung schneller und schmilzt lange vor den Leitungen.
6.5.2.2 Glasrohrsicherungen
Glasrohrsicherungen werden meist als Gerätesicherung eingesetzt. Sie bestehen aus einem Glaszylinder, der von zwei Metallkappen abgeschlossen wird. Glasrohrsicherungen können mit Quarzsand zur Funkenlöschung gefüllt sein. Die Sicherungshalterung kann entweder für eine Gehäusemontage oder für eine Leiterplattenmontage ausgelegt sein.
6.5.2.3 Gekapselte Sicherungen
Gekapselte Sicherungen gibt es in zwei Ausführungsformen, die Sicherungshalterung sieht in beiden Fällen gleich aus.
6.5.3 Leitungsschutzschalter in Luftfahrzeugen
Bei Leitungsschutzschaltern (circuit breaker) wird die Eigenschaft eines Bimetallstreifens (bimetal), sich bei Erwärmung zu verbiegen, ausgenutzt. Ein Bimetall besteht aus zwei Metallen, die bei Erwärmung eine unterschiedliche Ausdehnung aufweisen. Werden diese fest miteinander verbunden (verschweißt, gewalzt) und erwärmt, dann dehnt sich das eine Metall stärker als das andere aus. Dadurch verbiegt sich der Bimetallstreifen und es wird eine mechanische Verriegelung freigeben und der Stromkreis geöffnet.
Bei einem Leitungsschutzschalter wird die Eigenschaft eines Bimetallstreifens genutzt, sich bei
Erwärmung zu verbiegen. Dadurch kann der Stromkreis geöffnet werden.
6.5.4 Richtlinien für den Einbau von Sicherungen
6.5.4.1 Grundlagen
Sicherungen werden immer dann in einen Stromkreis eingebaut, wenn sich entweder der Leitungsquerschnitt, z.B. bei einer Abzweigung, reduziert, oder sich die Verlegeart oder die Art der Leitung ändert.
Ändert sich in einem Stromkreis der Leiterquerschnitt, die Verlegeart oder die Art der
Leitung, dann muss eine Sicherung eingebaut werden.
Anmerkung: in Luftfahrzeugen wird in der Praxis weder der Leitungsquerschnitt, noch die Verlegeart oder die Art der Leitung in einem Stromkreis geändert. Die Kenntnis der nachfolgenden Richtlinien ist jedoch für das Verständnis der Wirkungsweise von Sicherungseinrichtungen notwendig.
6.5.4.2 Änderung des Leiterquerschnitts
Ändert sich der Leiterquerschnitt, dann muss auch eine Sicherung eingebaut werden, deren Abschaltstrom dem geänderten Querschnitt entspricht. So wird bei einem Bussystem die Sammelschiene mit einem großen Querschnitt ausgeführt und daher mit einer Sicherung mit entsprechend hohem Nennstrom abgesichert. An der Abzweigung muss eine weitere Sicherung eingebaut werden, die einen entsprechend geringeren Nennstrom aufweist.
6.5.4.3 Verlegeart und Art der Leitung
Die maximal über eine Leitung mit gegebenem Querschnitt übertragbare Stromstärke hängt davon ab, wie gut oder schlecht die entstehende Wärme abgeführt werden kann. Diese Wärmeableitung ist einerseits von der Verlegeart und andererseits von der Art der Leitung abhängig.
Bei der Verlegeart kommt es auf die Beschaffenheit der Umgebung an. Eine frei in Luft verlegte Leitung kann beispielsweise eine höhere Stromstärke führen als eine Leitung mit gleichem Querschnitt, die unter einer Verkleidung in einem Isoliermaterial verlegt ist, da sie die Verlustwärme besser abführen kann.
Die Art der Leitung bestimmt eine eventuelle gegenseitige Beeinflussung mehrerer Adern in einer Leitung. So kann eine Einzelleitung eine höhere Stromstärke führen als eine Doppelleitung mit gleichem Aderquerschnitt, da sich bei der Doppelleitung die beiden Adern gegenseitig erwärmen.
6.5.4.4 Einbauort
Beim Einbau der Sicherung ist auf den Einbauort zu achten. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Sicherung den Stromkreis nur bei Überlastung oder auch bei Kurzschluss schützen soll.
Soll die Sicherung nur gegen Überlastung schützen, dann kann sie an einer beliebigen Stelle
in die Leitung eingebaut werden.
Soll die Sicherung den Stromkreis auch bei Kurzschluss schützen, dann muss sie immer am
Beginn der Leitung eingebaut werden, um den gesamten Stromkreis zu schützen.
6.5.5 Nennstrom der Sicherung, Leitungsdimensionierung
Der Nennstrom (rated current) einer Sicherung ist jene Stromstärke, die die Sicherung auf Dauer führen kann ohne abzuschalten. Wird dieser Nennstrom überschritten, dann schaltet die Sicherung nach einer bestimmten Zeit ab, die durch die Auslösecharakteristik der Sicherung festgelegt ist. Diese Zeit kann zwischen mehreren Stunden und wenigen Millisekunden liegen, je nachdem, wie hoch der Strom in der Sicherung tatsächlich ist.
Um nun eine Überlastung der Leitung zu verhindern, muss der Nennstrom der Sicherung an die von der Leitung übertragbare Stromstärke angepasst sein.
Der Nennstrom der Sicherung darf nicht höher sein als die maximal
von der Leitung übertragbare Stromstärke.
Bei der Wahl der Sicherung ist daher auf den Leiterquerschnitt und das verwendete Leitermaterial Rücksicht zu nehmen. In der Tabelle sind die Nennströme der Sicherungen, die bei in der Luftfahrt verwendeten Leitungen mit bestimmtem Leiterquerschnitt und Leitermaterial zu verwenden sind, angeführt.
Die Leitungsdimensionierung und die Wahl der Sicherung erfolgen nach folgenden Kriterien:
Bestimmung der Stromstärke im Verbraucher
Festlegung des Leitermaterials
Festlegung des Sicherungstyps
Bestimmung des Leiterquerschnitts und des Nennstrom der Sicherung aus der Tabelle
Anmerkung: Kupferleitungen werden vorwiegend in der Installationstechnik eingesetzt, da hier die Masse (das Gewicht) der Leitung eine geringe Rolle spielt und Kupfer ohne Aufwand lötbar ist.
Bei der Energieübertragung in Stromversorgungsnetzen und auch in der Luftfahrt werden die Leitungen mit großem Leiterquerschnitt aus Aluminium gefertigt, da sie gegenüber Kupferleitungen trotz der notwendigen Erhöhung des Leiterquerschnitts eine geringere Masse (geringeres Gewicht) aufweisen.
Die Gewichtsersparnis beträgt ca. 50%.
Anmerkung: Die Bezeichnung „AWG“ bedeutet „American Wire Gauge“. Es handelt sich um eine
US-Norm für Leiterquerschnitte.
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